App-Texte

Hier finden Sie die Texte aus der App untereinander aufgelistet. 

Toshio Hosokawa

Horn Concerto „Moment of Blossoming

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Das Hornkonzert beginnt wie aus dem Nichts. Die Streicher spielen den Ton „Es“ im dreifachen „piano“, also so leise wie nur irgend möglich.

0:38      Einsatz Blechbläser Windgeräusche

Die Blechbläser erzeugen Windgeräusche und eröffnen gemeinsam mit den Streichern einen friedvollen Raum. Der Wind scheint dabei durch ein Windspiel zu strömen: Es erklingen „Furin“, kleine Windglöckchen aus Hosokawas Heimatland Japan.

1:18      Einsatz Solohorn

Nun fügt sich unser Solist Stefan Dohr unbemerkt in den Klang ein, er spielt ebenso wie die Streicher den Ton „Es“. Dieser Ton symbolisiert laut dem Komponisten Hosokawa eine Wasseroberfläche.

1:48      Abschluss gestopftes Solohorn/ Einsatz Furin

Der Solohornist erweckt die Musik nun mit einem winzigen Tonschritt zum Leben. Das Solohorn steht in diesem Werk für eine Lotusblüte, die nun aufzublühen beginnt und aus der Wasseroberfläche hinausschaut.

2:25      Einsatz gestopftes Solohorn

Alle anderen Instrumente stellen dar, was die Lotusblüte umgibt: der Kosmos, die Natur, das Wasser. Die Umgebung scheint die Veränderung der Lotusblüte aufzunehmen: Das Horn wird erst von den Streichern und dann von im Saal verteilten Bläsern imitiert.

3:08      Pausenfermate, nur Streicher

Über den Beginn des Werkes sagt der Komponist: »Wir hören die einzelnen Töne und nehmen zugleich mit Wertschätzung den Prozess wahr, wie sie geboren werden und vergehen, sozusagen eine tönend in sich belebte Landschaft des Werdens.«

5:05      Celesta-Akkord

Toshio Hosokawa (*1955) studierte erst in Japan und dann in Deutschland. Dadurch entstand seine unverwechselbare Musiksprache, die auf westlicher Musik des 20. Jahrhunderts und traditioneller japanischer Kultur beruht.

6:40      Pausenfermate, nur Streicher

Die Lotusblüte schien immer weiter aufzublühen. Wie ein sanfter Lichtstrahl, der auf die Blüte fällt, eröffnet sich nun eine neue Klangwelt. In dieser soll der Solohornist „cantabile“ (gesanglich) spielen.

7:30      Einsatz Flöte

Nun folgt ein erster Höhepunkt: Der Solohornist wechselt schlagartig zwischen sehr leisen und sehr lauten Tönen. Solist Stefan Dohr dämpft mit seiner Hand im Schalltrichter die leisen Töne ab.

7:55      ppp nach Höhepunkt

Das ganze Werk ist eine große Metapher: Die Lotusblüte steht für das „Ich“ - den Menschen und dessen Aufwachsen von der Jugend bis zur Reife in einer turbulenten Welt. War gerade eine erste Hürde zu hören, die es zu bewältigen galt?

8:33      Einsatz Hornsolo

Es folgen nun immer wieder stürmische Phasen auf kurze Ruhemomente. Triller in den Streichinstrumenten und dem Solohorn erzeugen eine große Unruhe.

10:05    Einsatz Hornsolo

Einer der größten Höhepunkte des Stückes wird nun erreicht. Was passiert gerade in der Entwicklung des „Ichs“? Das Orchester, ganz besonders das Schlagwerk, erzeugen donnerähnliche Klänge.

11:40    Staccatoeinsatz hohe Holzbläser

Was sind jetzt Ihre Assoziationen? Vielleicht prasselnder Regen? Stephan Dohr wünscht sich: „Das Publikum soll sich dem möglichst offen hingeben, zuhören und sich eigene Gedanken machen.“

12:30    Einsatz Streicher und Schlagwerk

Plötzlich folgt eine Ruhephase, die stark an den Anfang erinnert. Mit der Spielanweisung „dolce (sanft) cantabile (gesanglich), mit Trauer“ fügt sich der Solohornist, ähnlich wie zu Beginn, in den Klang ein.

14:00    Abschluss Holzbläser/ sf Hornsolo

Es folgt ein letztes Aufbäumen. Dem Solohornisten werden erneut Höchstleistungen abverlangt: Innerhalb kürzester Zeit muss er den gesamten Tonumfang ausreizen und große Lautstärkeunterschiede bewältigen.

14:41    sf in Blechbläsern/ p< Solohorn

Stefan Dohr, Widmungsträger des Werkes, ist seit 1993 Solohornist der Berliner Philharmoniker. Mit der Spielanweisung „Flatterzunge“ beendet er in größter Aufregung diesen letzten Höhepunkt.

15:45    Einsatz Bratschensolo

Einzelne Solostimmen, erst in den Streichinstrumenten, dann auch in den Blasinstrumenten, spielen eine zarte Melodie. Diese bezeichnet Hosokawa gleichzeitig als „espressivo“, ausdrucksvoll.

17:20    Gestopfte Hornlinie

Uraufgeführt wurde das Werk 2011 mit Stephan Dohr als Solisten. Ein Kritiker schrieb: „Was er (Dohr) seinem Instrument an leisen und zarten Klängen entlockte, grenzte an Zauberei.“ Hören Sie ein letztes Mal selbst!

18:00    Einsatz Harfe

Das Stück endet, wie es begonnen hat: mit Windgeräuschen über der Wasseroberfläche. Im Buddhismus stellen betende Hände symbolisch eine Lotusblüte dar. Diese Blüte, also der Mensch, ist in Hosokawas Komposition nun eins mit der Natur geworden ist.

Text: Joschua Lettermann

Ludwig van Beethoven

Sinfonie Nr. 7

1. Satz: Poco sostenuto

15:03

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Beethoven beginnt seine Siebte Sinfonie mit lauten Akzenten. Gleichzeitig spielen Oboe und Klarinette eine eher zurückhaltende Melodie. Diese beiden Extreme treffen in den ersten Takten aufeinander und ziehen so die Aufmerksamkeit auf sich.

01:02    tutti ff nach 16. aufsteigendem Lauf

Beethoven sorgt schon nach der ersten Minute für eine Klimax. Die Streicher spielen abwechselnd aufsteigende Läufe, auch, um beim Publikum Spannung zu erzeugen. Bei der Premiere im Jahr 1813 war dies ein Erfolg.

02:17    Abschluss in ff auf halber Note 

Erneut eine Klimax, und dies ist erst der Anfang der Sinfonie! Beethoven selbst dirigierte die Uraufführung bei einem Wohltätigkeitskonzert für verwundete Soldaten des Krieges gegen Napoleon.

03:31    Abschluss in ff auf Achtelnote 

Jetzt, wo alle Augen und Ohren auf das Orchester gerichtet sind, erklingt eine fröhliche Melodie (zuerst in der Flöte). Beethoven verwendet Rhythmen, die der 40 Jahre jüngere Kollege Richard Wagner als „Erhebung des Tanzes“ bezeichnete.

04:40    forte fermate  

Überschwänglich erklingt die Melodie erneut, nun auch von den Hörnern, Trompeten und Geigen. Hatte Beethoven etwas zu feiern? Er widmete diese Sinfonie dem Grafen Moritz von Fries, einem steinreichen Musikliebhaber.

05:32    tiefe Streicher nach Akzenten

Hier wird deutlich, dass dieses Werk den Übergang zu einer neuen Epoche darstellt: Die wechselhafte Dynamik (plötzlich laut oder leise) ist hier noch klassisch, während das langsame Anschwellen der Lautstärke eher der Romantik zuzuschreiben ist.

06:37    sanft, Wiederholung vivace

Die Flöten beginnen sanft erneut mit dem fröhlichen Tanz. Diese Sinfonie weist eine klassische Form auf, bei der die Melodien wiederholt werden, um eindringlicher wirken zu können.

07:35    ff ganze Note  

Die Violinen spielen den Übergang zu einer neuen Melodie, nach der Hälfte übernehmen die Flöten und weitere Holzbläser. Dann rundet das Orchester – ungestüm wie Beethoven selbst – die Passage ab.

09:03    stille große Pause

Mit zwei sogenannten Generalpausen im ganzen Orchester markiert Beethoven hier eine neue Passage. Bei einer Aufteilung dieses ersten Satzes in drei Teile würde hier der zweite Teil beginnen: Frühere Melodien werden weiterentwickelt. 

10:00    Sanfte Holzbläser 

Gemächlich hüpfen die Geigen als Begleitung der Bläser mit. Doch dann setzt ein beängstigender Ton ein: Die Instrumente spielen abwechselnd stets lauter und höher, wie bei einem Streit.

11:09    Melodie erneut, reprise vivace

Der Streit scheint beendet zu sein, selbst die Bässe haben ihr wütendes Brummen eingestellt. Die Geigen lassen erneut den fröhlichen Tanz erklingt. Er endet unisono (von allen) auf einer Fermate, wird also so lange gehalten, wie der Dirigent Kahchun Wong anzeigt.

12:11    ff tutti nach Aufbau

Die ungestüme Melodie ertönt auch hier: von sehr laut bis leise und umgekehrt sowie von dolce (lieblich) zu plötzlich laut mit unruhigen schnellen Schlägen. Beethoven wusste genau, wie Spannung erzeugt wird.

13:19    hohe Geigenmelodie

Ein weiteres Mal tanzen die Violinen hoch und ausgelassen. Anschließend folgt eine Coda (Schlussteil), die ihrer Zeit voraus war: Die Bässe wiederholen ein Motiv, das jedes Mal um kleine Schritte tiefer erklingt. „Wahnsinnig“, urteilt ein Rezensent.

2. Satz Allegretto

08:29                 

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Ein einzelner, ernster Akkord der Hörner und Holzbläser eröffnet den zweiten Satz. Es folgen feierliche „Schritte“ der Streicher.

00:48    Melodie Violinen   

Bratschen und Celli spielen gemeinsam die Hauptmelodie dieses Satzes, während Geigen und Bässe mit dem feierlichen Rhythmus fortfahren, der sich nun plötzlich als zweite Stimme (Begleitung) für die Melodie entpuppt.

02:03    neuer Einsatz der Geigen in forte

Die Geigen wiederholen die feierliche Begleitung so hoch, dass sie sich wie eine eigene Stimme über die Melodie erheben. Celli und Bässe steuern derweil mit eindringlichen Sprüngen auf eine Klimax zu.

03:07    Klarinette mit neuer Passage 

„Dolce“ (sanft) führen Klarinette und Fagott eine neue, gemächliche Stimmung und Melodie ein. Die Geigen begleiten ruhig wogend mit Noten in Dreiergruppen (Triolen). Nichts kann mehr misslingen, zumindest scheint es so.

04:12    Abrundung, dann neuer Ansatz 

Gemächliche Flöten und Oboen scheinen das Werk abzurunden. Aber Beethoven wäre nicht er selbst, wenn nicht eine kraftvolle Wendung folgen würde. „Was in meinem Herzen ist, muss ich aufschreiben“, sagte er einmal.

05:11    Abrundung in Dur, neuer Ansatz 

Wo wir einen weiteren Höhepunkt erwarten, lässt Beethoven zunächst eine intime Passage voller (Streicher-)Stimmen folgen, die nacheinander und gleichzeitig erklingen. Bach hat einmal etwas Ähnliches komponiert, handelt es sich um eine Ode an ihn?

06:33    Abrundung in forte

Klarinette und Fagott wiederholen die lange, gemächliche Melodie. Der Wiedererkennungseffekt war bei der Premiere groß. Der gesamte Satz musste wegen seines Erfolgs wiederholt werden.

07:25    Abrundung in forte in C-Dur 

Nur hier und da sind Fetzen der feierlichen Melodie von den Bläsern zu hören. Die Streicher haben den Rhythmus auf ein paar gezupfte Noten beschränkt. Dann ertönt plötzlich ein unerwarteter Abschluss: nicht gleichzeitig, sondern nacheinander.

3. Satz Scherzo

08:01

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Mit „Presto“ (sehr schnell) beginnt das traditionelle Scherzo (schneller, oft heiterer und tänzerischer Satz). Beethoven gestaltet diesen besonders spritzig: kurze Noten, plötzliche Akzente, derselbe absteigende Lauf strömt durch das Orchester.

00:50    ff tutti, Geigen Melodie 

Doppelt so hoch wiederholen die Geigen den ersten schnellen „Tanz“. Sobald sie zu langen Noten wechseln, spielen die Flöten die kurzen, nervösen Noten. Dadurch wird die Anspannung gehalten und noch weiter gesteigert.

02:10    langer Ton, Beginn Trio (assai meno presto) 

Es folgt ein langsameres „Trio“, ein traditionelles Zwischenspiel im Scherzo. Zu Beethovens Zeiten war es als Atempause gedacht. Geschickt baut der Komponist die Spannung trotzdem auf, und zwar mit einem einzigen gehaltenen Geigenton.

03:01    ff tutti 

Triumphierend wiederholt das ganze Orchester die ruhige Bläsermelodie. Bis auf die Trompeten, die nun den einen gehaltenen Ton der Violinen spielen. Beethoven hat für dieses Trio ein altes österreichisches Wallfahrtslied als Inspiration verwendet.

04:05    erneut presto  

Wieder erklingt das spritzige „Presto“ vom Anfang. Beethoven macht es spannend, indem er Streicher und Hörner abwechselnd allein und leiser spielen lässt. Kurz ertönt zudem ein Pizzicato (gezupfte Saiten der Streicher). 

05:23    erneut Trio    

Erneut erklingt das Zwischenspiel. Beethoven macht also – wie in seiner Vierten Sinfonie – aus diesem Scherzo kein Stück in drei, sondern in fünf Teilen. Wirkt dieser eine gehaltene Ton der Streicher hier noch ruheloser?

06:13    ff tutti    

Wieder fällt das Orchester lautstark ein. Einem Rezensenten zufolge verrät diese Sinfonie etwas über die katastrophalen Umständen des Jahres 1812: die Schlachten gegen Napoleon und Beethovens zunehmende Taubheit.

06:54    nur Flöte und Klarinette   

Zur Vervollständigung dieses dritten Satzes hören wir noch einmal den schnellen Tanz, mit dem dieser begann. Im Scherz wiederholt Beethoven noch ein winziges Stück des Zwischenspiels, schließt dann aber kraftvoll ab.

4. Satz: Allegro con brio

09:35

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Der vierte und letzte Satz beginnt „con brio“ (mit Feuer). Im Gegensatz zum schnellen Tanz zu Beginn dieser Sinfonie erklingt hier Strenge im Rhythmus und in den regelmäßigen Paukenschlägen.

01:04    Abrundung, dann sanft 

Spielerisch hüpfen die Geigen zu einer neuen Melodie, die Flöten imitieren dies. Kurze Akzente im Orchester sorgen dafür, dass das Feuer auf dem Weg zu einem lodernden Höhepunkt keinen Augenblick erlischt.

01:56    erneuter Beginn 

Der feurige Anfang kehrt zurück, Beethoven hält sich dabei an klassische Wiederholungen. Die Violinen spielen ein irisches Volkslied, von denen der Komponist mehrere bearbeitet hat. Die Melodie klingt hier doppelt so schnell.

03:11    Flöte und Oboe 

Wieder hören wir, wie die spielerische Melodie in einen lodernden Höhepunkt mündet. Dann folgt eine Passage, in der frühere Melodien variiert und weiterentwickelt werden: Spielt Beethoven hier mit dem Feuer?

04:21    nach Wiederholung neuer Ansatz  

Dieses Finale (letzter Satz) ist als Beethovens ausgelassenstes Stück bezeichnet worden. „Selten hat Beethoven eine so dauerhafte Klimax, ein so starkes Finale erreicht wie hier“, urteilt ein Kritiker.

                                                                    

05:08    nur Holzbläser 

Subtil lässt Beethoven kurz nur die Flöten und andere Holzbläser zu Wort kommen. Mit unerwartet scharfen Einsätzen des Orchesters weckt Beethoven unsere Neugier. Was folgt nun?

06:15    nur Streicher nach Klimax

Jetzt spielen die Geigen eine Zeit lang allein. Ihr Hüpfen inspirieren auch die Flöten, Klarinetten und sogar die Hörner. Plant Beethoven zum Ende hin etwa Ruhe?

07:17    Melodie Violinen

Die langen Töne der Bläser – der einzige Ruhepunkt, den Beethoven schafft – akzentuieren die virtuose Unruhe der Streicher. Mit diesem schwindelerregenden Finale beendet er eine Ära.

Text: Marike Verheul